Sprachenpolitik in Lettland: Russisch als Auslaufmodell

In Lettland soll Russisch an Schulen spätestens 2030/2031 nicht mehr als zweite Fremdsprache unterrichtet werden. Das hat auch politische Gründe.

Ein großes Plakat mit dem Foto von Wladimir Puti, das ihn mit gefletschten Zähnen und Totenkopf Anmutung zeigt, hängt an einem Gebäude in Riga

Anti-Putin Aktion in Riga. Seit dem Krieg gegen die Ukraine ist die russische Sprache noch unbeliebter in Lettland Foto: Victor Lisitsyn/picture alliance

BERLIN taz | In Lettland lernen alle Schü­le­r*in­nen ab der ersten Klasse obligatorisch Englisch als erste Fremdsprache. In der fünften Klasse kommt dann eine zweite Fremdsprache hinzu – in der Regel Deutsch oder Russisch. Doch das soll sich jetzt, wenn auch nicht abrupt, ändern.

Mit Beginn des Schuljahres 2026/2027 soll die Option Russisch bis 2030/2031 schrittweise abgeschafft werden. Schüler*innen, die bereits vor dem 1. September 2025 mit dem Erlernen des Russischen anfangen, können den Unterricht in diesem Fach jedoch bis zu ihrem Abschluss an der Mittelschule fortsetzen.

Das lettische Parlament, die Saeima, werde entsprechende Änderungen des Bildungsgesetzes in dritter Lesung zeitnah verabschieden, heißt es in einer Pressemitteilung der lettischen Regierung. Diese zeigte sich davon überzeugt, dass dies zur Einbeziehung junger Menschen in den Bildungsraum Europas beitragen und das Erlernen der Amtssprachen der EU fördern werde.

Die Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Anda Čakša, wurde da schon etwas deutlicher. Durch die Wahl einer zweiten Fremdsprache in der Schule – einer der Sprachen der Europäischen Union – bestätige Lettland seine Zugehörigkeit zum europäischen Kulturraum und den Werten der demokratischen Welt.

Nicht mehr akzeptabel

„Nach dem blutigen Krieg, den Russland in diesem Jahrhundert entfesselt hat, und dem Völkermord am ukrainischen Volk, ist Russisch als obligatorische zweite Fremdsprache für einen bedeutenden Teil der lettischen Gesellschaft inakzeptabel“, zitiert das russischsprachige Nachrichtenportal Nastojaschee vremja die Ministerin. Lettland hat rund 1,8 Millionen Einwohner*innen. Knapp 24 Prozent gehören der russischen Minderheit an.

Doch obwohl die Umstellung einen langen Vorlauf hat – leicht wird sie nicht werden. Denn es fehlt schlicht an ausgebildetem Lehrpersonal. Auch an Deutsch­leh­re­r*in­nen mangelt es massiv, der Bedarf kann nicht annähernd gedeckt werden. Deshalb denkt die Regierung über Stipendien zwecks Fremdsprachenerwerb für Jung­leh­re­r*in­nen nach. Schulen, denen die notwendigen Fachkräfte fehlen, sollen entsprechende Verträge mit benachbarten Schulen abschließen können, um die klaffenden Lücken in den Stundenplänen zu füllen.

Angaben der zentralen lettischen Statistikbehörde zufolge, die auf der Webseite Rus.LSM nachzulesen sind, lag Russisch als zweite Fremdsprache im Schuljahr 2020/21 auf dem zweiten Platz – gefolgt von Deutsch sowie abgeschlagen Französisch und Spanisch. An 44 Prozent der Schulen (insgesamt gab es im Jahre 2022 landesweit 643 Schulen) konnte mangels qualifizierter Leh­re­r*in­nen nur Russisch als zweite Fremdsprache angeboten werden.

Die Neuntklässlerin Melanija hat Russisch als zweite Fremdsprache gewählt. Die Kinder hätten das Recht sich zu entscheiden, was sie lernen wollten. Die Sprache als solche sei doch nicht schuld, zitiert Rus.LSM die Jugendliche. „Es ist besser, Russisch zu lernen. Denn wir leben in einem Land, in dem viele Russischsprachige leben.“

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