AfD-Verbindungen zu Russland und China: Kein rechter Pfad

Die Nähe zu China und Russland hat die AfD nicht erfunden. Sie folgt hier irrlichternden Ideen der Linken.

AfD-Politiker Krah vor Mikrofonen.

AfD-Politiker ganz offen: Maximilian Krah spricht in Mikrofone Foto: Fabrizio Bensch/reuters

Als Maximilian Krah Ende 2023 in New York am Flughafen vom FBI verhört wurde, verstrickte er sich in geradezu absurde Widersprüche, wo das Geld, das er in bar mitgebracht hatte, eigentlich herkam. Man hatte den Eindruck: Wahrheit ist das, was Krah gerade durch den Kopf schwirrt.

Sein Chef, Tino Chrupalla, gestand am Sonntag vergangener Woche bei „Caren Miosga“ in erfrischend naiver Manier, was die Vorteile des Bargelds seien, das die AfD bis in ihr Wahlprogramm hinein so erbittert verteidigt: nämlich, dass man „unkontrolliert Dinge bezahlen kann, ohne dass jemand weiß, was man getan hat“. Das ist das Sympathische an der AfD: die unverstellte Ehrlichkeit. Man weiß einfach, woran man bei ihr ist.

Dieses vermeintlich authentische Moment täuscht aber nur oberflächlich über die eklatanten Widersprüche hinweg: Dass Putin mit seinem Euphemismus von der „gelenkten Demokratie“ eine Art Gott der Rechtsextremen ist, erscheint zwar naheliegend, weil er das autoritäre Regime darstellt, das man sich in der AfD erträumt – ist aber bei Lichte besehen inkonsequent.

Rein logisch dürften doch selbsternannte Patrioten, die angeblich die „Heimat“ so sehr schätzen, niemals auf Seiten eines Autokraten stehen, der ohne Zweifel auch ihr Heimatland militärisch angreifen würde, wenn er könnte, und Deutschland ständig mit Cyberattacken überzieht.

Ein schon getrampelter Pfad

Zur Ehrlichkeit gehört aber auch: Die AfD ist in ihrer Käuflichkeit den etablierten Parteien verwandt, sie agiert nur dreister, dümmer und draufgängerischer. In ihrer romantischen Verklärung von Russland und China stehen ihr Sahra Wagenknecht, SPD und CDU in nichts nach.

Sahra Wagenknecht hat gerade erst bei The Pioneer zu Protokoll gegeben, Putin sei zwar ein autoritärer Herrscher, habe aber die Russen aus einer Demütigung herausgeführt. Unglücklich, dass dafür zehntausend ukrainische Zivilisten und Hunderttausende Soldaten mit dem Leben bezahlen mussten.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig nahm 20 Millionen Euro von Gazprom an, um zur Tarnung Bäumchen in Kindergärten zu pflanzen, damit für deutlich mehr Geld Nord Stream 2 fertiggebaut werden konnte. So konnte Schwesig Sanktionen gegen Russland umgehen. Mittlerweile ist die Pipeline der SPD genauso um die Ohren geflogen wie ihr verdruckstes Gekuschel mit Putin. Nur Rolf Mützenich hält seine Treue zu Russland weiter aufrecht.

Den Vorschlag, den Ukrainekrieg einzufrieren, benutzte schon vor zwei Jahren Sachsens Ministerpräsident Kretschmer von der CDU, der den Ukrainern keine Panzer schicken wollte, sie stattdessen lieber aufforderte, Gebiete abzutreten. Putin umgarnte er schon in zwei Briefen vor dem Krieg als „Exzellenz“ und „mit Hochachtung“.

Commander Wu als Vorbild

Ähnlich verhält es sich mit China: Zum Jahreswechsel 2002/03 fuhr eine Delegation rund um den damaligen Bundeskanzler Schröder nach Schanghai, um sich anzugucken, wie ein Transrapid aussieht, der schneller gebaut ist, als Edmund Stoiber einen Satz darüber beenden konnte. Mit im Gepäck hatte Schröder ein paar Manager der am Bau beteiligten Konzerne Thyssen Krupp und Siemens.

Vor Ort traf die Truppe einen Herrn, der sich Commander Wu nannte. Commander Wu war dafür zuständig, das Projekt zackig fertigzustellen. Zu seinen Aufgaben zählte auch, den Menschen, die an der Strecke lebten, mitzuteilen, wann sie die Koffer zu packen hätten, um sich umsiedeln zu lassen. Wie Teilnehmer berichten, waren die Konzernchefs schwer angetan und frohlockten eher sehnsüchtig als ironisch: Einen Commander Wu bräuchten wir bei Bauprojekten in Deutschland auch.

Der Frankfurter Philosoph Axel Honneth, der in der Tradition Adornos und Horkheimers steht, formulierte sein Morgenland-Pathos so: China sei für ihn „ein interessantes Projekt, in dem die Staatspartei aus dramatischen Verbrechen Konsequenzen gezogen hat und die Verzahnung von Markt und Gleichheit zu erproben versucht“.

Unkontrolliertes Bargeld und China, das ist wahrscheinlich wie die AfD und „unkontrollierte Zuwanderung“

Das war 2013 – das Jahr, in dem ein spannendes Papier der Kommunistischen Partei den Weg an die Öffentlichkeit fand: Es hieß „Dokument Nr. 9“ und warnte Regierungsmitglieder vor verschiedenen gefährlichen Konzepten des Westens: Dazu zählten unter anderem der demokratische Rechtsstaat, die Zivilgesellschaft und die Unterstützung von freiem westlichem Journalismus. Verboten ist seitdem die Aussage, dass Freiheits- und Menschenrechte westlichen Typs universal und ewig sind.

Großzügig übersehen

Dasselbe Menschenrechtsverständnis zeigt Maximilian Krah in seinem Buch „Politik von rechts“: „Menschenrechte sind nicht absolut, sondern im Kontext der Gesellschaft zu definieren.“ Krah scheint geradezu schockverliebt in China.

Was er großzügig übersieht, ist, dass das Loblied des Bargelds an den chinesischen Grenzen schnell ausgesungen sein dürfte: In China gibt es eine App für alles, WeChat. Sie können damit Videotelefonate führen, Fotos, Videos, Kontaktinformationen und Aufenthaltsorte teilen, Taxis, Lebensmittel oder Essen bestellen, Restaurant- und Stromrechnungen bezahlen, Jobs oder Leute in der Nähe suchen, Arzttermine buchen, Visa beantragen, Spiele spielen und eigene Mobile-Stores betreiben. Die App ist pflichtgemäß mit Ihrem Bankkonto verbunden. Strafen werden direkt vom Konto des Täters abgebucht. Unkontrolliertes Bargeld und China, das ist wahrscheinlich wie die AfD und „unkontrollierte Zuwanderung“.

Diese romantische Vergaffung Russlands und Chinas, der viele Linke, Linksliberale und vereinzelte Konservative den Boden bereitet haben, hat nur ein Ziel: den amerikanischen Liberalismus als Quelle allen Übels anzugreifen, weil Freiheit offenbar noch gefährlicher erscheint als brutale Autokratien. Das ist nichts weniger als eine Selbstaufgabe der Demokratie durch ihre größten Verteidiger.

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Satiriker, Autor und Moderator. Sein wöchentliches Satireformat „Schroe­der darf alles“ läuft donnerstags in der ARD und in der Mediathek. Geboren 1979 in Lörrach, Baden-Württemberg. Lebt in Berlin. Zuletzt erschien von ihm „Unter Wahnsinnigen. Warum wir das Böse brauchen“ bei dtv.

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