Protest gegen prekäre Beschäftigungen: „Stehe vor dem Nichts“

Honorarlehrkräfte des Goethe-Instituts in Bremen wollen plötzliche „Entlassung“ nicht hinnehmen

Hat einen super Ruf, beschäftigt aber vorwiegend Honorarkräfte: Das Goethe-Institut Foto: Wolfram Kastl/dpa

taz: Sie möchten Ihren Namen lieber nicht nennen. Warum?

N.N: Es ist möglich, aber unwahrscheinlich, dass der Vorstand und das Präsidium des Goethe-Instituts zurücktreten. Wenn dann noch Tarifverträge geschaffen würden, wäre ich eventuell bereit, wieder für das Institut zu arbeiten.

Warum arbeiten Sie nicht mehr als Deutschlehrerin am Goethe-Institut?

Ich habe vier Jahre als Honorarlehrkraft Deutschkurse am Institut gegeben. Vor zwei Wochen kam dann die Nachricht, dass keine neue Honorarverträge mehr geschlossen werden. Kurse, die mir und anderen Honorarkräften bereits mündlich zugesagt wurden, finden nun nicht statt.

Kam das überraschend?

Ich habe damit überhaupt nicht gerechnet. Das Goethe-Institut war mein einziger Arbeitgeber, nun stehe ich vor dem Nichts und musste mich arbeitssuchend melden. In einem unverschämten Schreiben behauptet die Leitung dann auch noch, dass sie die Nachricht, dass die Deutsche Rentenversicherung Scheinselbstständigkeit vermute, überrascht habe.

Hätte die Leitung das denn ahnen können?

Natürlich. Denn alle freien Mitarbeiter haben vor zwei Jahren ein Schreiben von der Rentenversicherung bekommen, in dem sie Angaben zu ihrem Beschäftigungsverhältnis machen sollten. Außerdem fordert die Gewerkschaft GEW seit Jahren Tarifverträge für die freien Mitarbeiter.

Welche Anzeichen für eine Scheinselbstständigkeit konnten Sie als Arbeitnehmerin feststellen?

Die meisten Honorarkräfte arbeiten ausschließlich für das Goethe-Institut und sind damit von ihm abhängig. Bis vor Kurzen hatten wir sogar Fächer mit eigenem Namen. Das zeigt, dass Honorarkräfte wie Festangestellte eingegliedert sind. Außerdem sind wir stark an die Weisungen des Instituts gebunden. Es wird uns vorgegeben, wann die Prüfungen sind und welche Bücher in den Kursen benutzt werden müssen.

Wie sind die Arbeitsbedingungen beim Goethe-Institut?

Prekär. 70 Prozent aller Mitarbeiter sind wie ich auch Honorarkräfte. Damit haben wir trotz gleicher Qualifikation wie die festgestellten Mitarbeiter keinen Anspruch auf Urlaub und zahlen unsere Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge aus eigener Tasche. Außerdem werden die Verträge oft sehr kurzfristig geschlossen. Montags finden Einstufungstests statt und wir erfahren erst am Abend, welches Niveau wir ab dem nächsten Tag unterrichten sollen. Der Vertrag wird dann kurz vor Kursbeginn am Dienstagmorgen unterschrieben.

Warum würden Sie trotz der schlechten Arbeitsbedingungen erneut beim Goethe-Institut arbeiten?

Ich arbeite sehr gerne als Sprachlehrerin für Erwachsene. In meinen Kursen lerne ich viele interessante Menschen und ihre Kulturen kennen.

Demonstration „Wir sind Goethe. Fair statt prekär“: 15.02., 13 Uhr, Boulevard der Universität Bremen

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