Pressefreiheit in Malaysia: Bis zum letzten Tropfen Tinte

„Zunar“ ist Malaysias populärster Karikaturist – nicht zuletzt, weil er sich mit der korrupten Elite des Landes anlegt. Nun drohen ihm 43 Jahre Haft.

Der malaysische Oppositionsführer Anwar Ibrahim

Der malaysische Oppositionsführer Anwar Ibrahim, für den sich Zunar einsetzt Foto: reuters

BANGKOK taz | Auf der Rangliste der Pressefreiheit 2016 von Reporter ohne Grenzen steht Malaysia auf Platz 146 von 180 Ländern. Für den Karikaturisten Zunar war das noch nie ein Grund, sich mit Kritik zurückzuhalten.

Schon gar nicht, als ein Gericht im Februar 2015 bestätigte, dass Malaysias Oppositionsführer Anwar Ibrahim wegen einer vom Regime behaupteten Homosexualität erneut hinter Gitter müsse: Einziger Grund für dieses politisch motivierte Urteil sei es, die Teilnahme des populären Oppositionsführers an den für 2018 geplanten Wahlen zu verhindern.

Zugleich kritisierte Zulkiflee Anwar Ul Haque, wie Zunar eigentlich heißt, in Cartoons und Twitter-Nachrichten die Richter und deren Speichelleckerei gegenüber der malaysischen Regierung unter Premierminister Najib Razak: „Die Lakaien in den schwarzen Roben sind stolz auf ihr Urteil, die Belohnung durch ihre politischen Herren muss reichhaltig sein.“

Prompt wurde der Karikaturist verhaftet und später wegen „Aufwiegelung“ in neun Punkten angeklagt. Wird er im für den 24. Januar angesetzten, aber möglicherweise verschobenen Prozess für schuldig befunden, drohen ihm 43 Jahre Gefängnis.

Doch Zunar, dessen Werke wiederholt verboten wurden, lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Im vergangenen Jahr wurde der international ausgezeichnete Künstler mit einem Reiseverbot belegt. Ende 2016 wurde er gleich zweimal binnen drei Wochen festgenommen – und hat angekündigt, deswegen die Polizei zu verklagen.

Zwischendurch sah er sich gezwungen, eine dreitägige Ausstellung nach nur wenigen Stunden abzubrechen, nachdem regierungsnahe Schläger diese gestürmt, ihn attackiert und Teile seiner Werke zerstört hatten. „Seltsam, wie ein Karikaturist eine nationale Bedrohung darstellen kann“, überschrieb das Onlineportal Free Malaysia Today kürzlich eine Geschichte über Zunar.

Verstärkte Repression

Seit etlichen Jahren verschärft die Regierung ihre Repressionen gegen unliebsame Journalisten, Blogger und Aktivisten, die es wagen, die Machenschaften der seit der Unabhängigkeit Malaysias von Großbritannien 1957 regierenden Nationalen Front unter Führung der United Malays National Organisation“ (UMNO) anzuprangern.

Nach der 22 Jahre langen Herrschaft des Autokraten Mahathir Mohamad gipfelten die Einschüchterungsversuche unter dessen Nachfolger Abdullah Ahmad Badawi darin, dass das Justizministerium damit drohte, das „Interne Sicherheitsgesetz“ (ISA) auch auf Blogger anzuwenden. Unter Badawis Nachfolger, dem seit 2009 regierenden Premier Najib Razak, wurde das ISA zwar 2012 aufgehoben, allerdings nur, um es durch nicht minder harsche Regelungen zu ersetzen.

Zunar zu seinem Fall

„Seltsam, wie ein Karikaturist eine nationale Bedrohung darstellen kann“

Die jüngsten Repressionen insbesondere gegen kritische Medien erfolgten in Zusammenhang mit einem milliardenschweren Korruptionsskandal, in dessen Zentrum Najib steht.

Weil die von der UMNO kontrollierten Mainstream-Medien den Skandal weitgehend totschweigen, berichten die Onlinemedien umso ausführlicher. Die von Großbritannien aus betriebene investigative Nachrichtenseite Sarawak Report, die über die Korruptionsvorwürfe gegen Najib berichtet hatte, wurde blockiert. Gegen die in London ansässige Herausgeberin erließen Malaysias Behörden Haftbefehl.

Im Februar 2016 wurde das populäre Portal Malaysian Insider blockiert, weil es ebenfalls über die mutmaßliche Verwicklung des malaysischen Premiers in den Skandal berichtet hatte. Im Folgenden konnte Insider seine Mitarbeiter nicht mehr bezahlen und musste schließen. Die Seite Malaysiakini.com wollten die Behörden dazu zwingen, seine Quellen offenzulegen, doch die Mitarbeiter weigerten sich.

„Die Medienkontrolle dient einer korrupten Regierung als Waffe“, kritisiert Zunar. „Ich werde jedenfalls weiterzeichnen – bis zum letzten Tropfen Tinte.“

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