Rassismus-Skandal in Polizeiklasse: „Ausländerschlampe“ und schlimmer

In NRW beschimpft ein angehender Polizist eine Kommilitonin rassistisch. Nun wird auch gegen andere aus der Klasse ermittelt, die mitmachten.

„Und werde ich dann beschimpft?“ Polizistin wirbt um Nachwuchs in NRW Bild: dpa

KÖLN taz | Der Rassismusskandal unter rheinischen Polizeianwärtern weitet sich aus. Nachdem am Dienstag ein Entlassungsverfahren gegen einen 19-Jährigen eingeleitet worden ist, müssen sich möglicherweise demnächst noch mehr Polizeischüler nach einem neuen Job umsehen. Dabei handelt es sich ebenfalls um Teilnehmer eines Studienkurses an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (FHöV) in Köln. Er prüfe derzeit, „ob die Voraussetzungen für weitere Suspendierungen innerhalb dieses Kurses vorliegen“, teilte der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach mit.

Hintergrund ist das rassistische Mobbing einer 23-jährigen Kursteilnehmerin mit Migrationsgeschichte. Nach dem bisherigen Erkenntnisstand sah sich die Aachenerin wochenlang übler Beschimpfungen durch den bereits suspendierten 19-jährigen ausgesetzt. „Ausländerschlampe“ soll noch eine der harmloseren Beleidigungen gewesen sein, die der junge Mann sowohl verbal als auch über den Kurznachrichtendienst „WhatsApp“ und anderen sozialen Medien verbreitete. Außerdem ritzte er ein Hakenkreuz in den Textmarker seiner Kommilitonin.

Der Studiengruppe gehörten insgesamt 32 Polizeianwärter aus Aachen, Bonn und Köln an. Die Mehrzahl hielt es nicht für nötig, der angegriffenen Kollegin beizustehen. Unterstützung soll die 23-Jährige nur von drei oder vier anderen Kursmitgliedern erhalten haben. Heraus kam die systematische Hetze, nachdem einer von ihnen Strafanzeige erstattete. „Er hat Zivilcourage bewiesen“, lobte NRW-Innenminister Ralf Jäger. „So wie ich es von jedem Polizeibeamten erwarte.“ Wenn Straftaten innerhalb der Polizei begangen würden, dann gebe „es keine Neutralität, keine Kollegialität, sondern nur einen Weg: Anzeige“, betonte Jäger. Korpsgeist sei völlig fehl am Platz.

In dem Studienkurs sehen das wohl nicht alle so. So wurden nach Angaben der Aachener Polizei im Zuge der Ermittlungen in sozialen Medien Fotos und Texte mit menschenverachtenden, fremdenfeindlichen und rechtsextremistischen Inhalten gepostet. „Dies begründet Zweifel an der charakterlichen Eignung einiger Polizeianwärter“, sagte Polizeipräsident Weinspach. Wie es heißt, sollen sich mindestens drei weitere Kursteilnehmer an der Hetze beteiligt haben.

Klasse trägt Belege zusammen

Weinspach hat eine Ermittlungskommission zur Aufklärung der Vorfälle eingerichtet. Sie besteht aus elf Aachener Beamten sowie vier Polizisten aus Köln und Bonn. Sie gehen inzwischen mehr als 30.000 Hinweisen nach. Die Studienkollegen der rassistisch angegriffenen Polizeianwärterin sollen sich kooperationsbereit zeigen, teilte die Aachener Polizei am Freitag mit. So hätten sie in ausführlichen Befragungen die Situation geschildert und auch ungefragt eine große Menge an Daten aus dem Internet geliefert.

Einige hätten zudem ihre Handys für die Auswertung zur Verfügung gestellt. Davon erhoffen sich die Ermittler Aufschluss über Gesprächsverläufe in der geschlossenen „WhatsApp“-Gruppe des Polizeianwärterkurses. „Ich freue mich über die große Beteiligung und Mitwirkung an der Aufklärung des Rassismusvorfalls“, so Weinspach.

In der kommenden Woche soll die Ermittlungskommission ihren Abschlussbericht vorlegen. Bis dahin bleibt der gemeinsame Unterricht an der FHöV für die betroffene Studiengruppe ausgesetzt. „Wir dulden kein menschenverachtendes Verhalten in der Polizei“, versicherte Weinspach. „Wir gehen konsequent gegen jede Form fremdenfeindlicher oder rassistischer Äußerungen und Handlungen vor – erst recht in der Ausbildung.“

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