Nach der Wahl in Israel: Netanjahu triumphiert

Der erneute Rechtsruck kommt überraschend: Allen Umfragen zum Trotz konnte sich das Zionistische Lager nicht durchsetzen.

Wird wohl Ministerpräsident bleiben: Benjamin Netanjahu. Bild: Reuters

JERUSALEM taz | Israel stehen weitere vier Jahre unter der Regierung von Benjamin Netanjahu bevor. 30 Mandate für den Likud und nur 24 für den Herausforderer vom Zionistischen Lager Izhak Herzog lautet das vorläufige Ergebnis nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen.

„Wir haben einen großen Sieg für das nationale Lager und für unser Volk erreicht“, jubelte Netanjahu kurz nach ein Uhr in der Nacht. Er sei stolz auf sein Volk, das wisse, was wichtig sei, „wahre Sicherheit, Wirtschaft und sozialer Wohlstand“. All dem sei er verpflichtet.

Der Likud hat vor allem Stimmen der Rechtsaußenparteien gewinnen können. Avigdor Lieberman, der scheidende Außenminister, ist mit seiner ultranationalen Partei Israel Beteinu infolge einer Korruptionsaffäre stark eingebrochen. In den letzten Tagen wechselten außerdem zahlreiche Wähler von der Siedlerpartei Das jüdische Haus zum Likud. Parteichef Naftali Bennett musste sich mit ganzen acht Mandaten zufrieden geben und blieb damit weit hinter seinen Erwartungen zurück.

Netanjahu hatte den Endspurt im Wahlkampf auf das Lager der Siedler konzentriert. Er warnte vor einer linken Regierung, auf die die letzten Umfragen klar deuteten. Am Tag vor der Wahl erklärte Netanjahu zum ersten Mal öffentlich, dass es unter seiner Regierung keinen Palästinenserstaat geben werde.

Angebot an Mosche Kachlon

Noch gegen Mitternacht zeigte sich Herzog zuversichtlich. „Dies ist ein großer Sieg für die Arbeitspartei, die seit dem Wahlsieg Izchak Rabins nicht mehr so gut abschnitt.“ Herzog wollte es Rabin, der in den neunziger Jahren den Friedensprozess mit den Palästinensern einleitete, gleichtun. Er hatte Hoffnung versprochen, an die viele glaubten. Am Mittwochmorgen räumte er seine Niederlage ein und Netanjahu zum Sieg gratuliert. „Ich habe ihm vor wenigen Minuten am Telefon zu seinem Erfolg beglückwünscht und alles Gute gewünscht“, sagte Herzog bei einer improvisierten Pressekonferenz in seinem Wohnort Tel Aviv.

Der erneute Rechtsruck kam so überraschend wie umfassend. Auf ganze vier Mandate kam die linke Meretz und schaffte damit nur knapp den Einzug in die Knesset.

Netanjahu wird keine allzu großen Probleme haben eine Koalition zu bilden, allerdings braucht er mehrere Partner. Schon vor der Wahl versprach er seinem früheren Parteifreund Mosche Kachlon den Posten des Finanzministers. Kachlon war mit seiner Einthemenpartei Kulanu (Wir alle), die sich mehr soziale Gerechtigkeit zum Ziel setzt, zum ersten Mal zu Wahlen angetreten und erreichte gleich zehn Mandate. Bennetts Siedlerpartei ist ein natürlicher Partner des Likud, ebenso Avigdor Lieberman. Dazu kommt die orientalisch-orthodoxe Schass und die ultrareligiöse Partei Judentum und Thora.

Ein „schlechtes Abkommen“

Netanjahus öffentliche Absage an die Zweistaatenlösung kommt einem Todesstoß für den 1993 in Oslo eingeleiteten Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern gleich. Solange Netanjahu an der Regierung ist, wird es keine Verhandlungen mit den Palästinensern mehr geben. Die neue Regierung wird sich auf internationaler Ebene noch schwerer tun als bisher. Nie waren die Beziehungen zwischen Israel und den USA schlechter als in den letzten sechs Regierungsjahren Netanjahus.

Das starre Festhalten am Siedlungsbau im Westjordanland und seine kompromisslose Haltung im Friedensprozess mit den Palästinensern belasten das Verhältnis seit Jahren. Erschwerend kam Netanjahus offene Sympathie zu den Republikanern hinzu und schließlich sein Auftritt vor dem US-Kongress, der mit US-Präsident Barack Obama nicht abgesprochen war.

Herzog hatte den Besuch im Weißen Haus ganz oben auf seine Agenda geschrieben. Nach Washington wollte er als erstes reisen, um die eingefrorenen Beziehungen aufzutauen, wäre er Ministerpräsident geworden. Unter Netanjahu wird sich die Krise zwischen Jerusalem und Washington eher weiter zuspitzen, was besonders prekär werden dürfte, sollte im Sommer ein Atomabkommen mit Teheran erreicht werden. Die Eiszeit behindert die Kooperation zwischen den beiden Regierungen, die tendenziell dasselbe Ziel verfolgen.

Obama gab offenbar die Anweisung, Israel nicht wie früher über den letzten Stand der Verhandlungen in Kenntnis zu setzen. Netanjahu hat das Thema Iran zum Zentrum seiner Wahlkampagne gemacht. Seit Jahren verspricht er seinem Volk, einen Atomstaat Iran zu verhindern. Ein „schlechtes Abkommen“, vor dem er Anfang März in seiner Rede vor dem US-Kongreß warnte, würde die Option eines militärischen Präventivschlags wieder wahrscheinlicher werden lassen.

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