Langes Wartes auf Tuberkulose-Test: Der Gesundheitsdienst ist völlig überlastet

Steigende Zahl von Flüchtlingen bringt hohe Wartezeiten bei Untersuchungen mit sich. Ohne Untersuchung dürfen Flüchtlingskinder in Spandau nicht in die Schule gehen.

Ohne Tuberkulose-Test dürfen Flüchtlingskinder nicht in die Schule. Bild: dpa

Nicht nur bei den Unterkünften für Flüchtlinge kommt Berlin angesichts der rapide steigenden Zahlen kaum hinterher – auch die öffentlichen Gesundheitsdienste sind überlastet. Denn alle Flüchtlinge müssen, noch bevor sie in eine Unterkunft kommen, auf Tuberkulose getestet werden. Allerdings gibt es derzeit bei der stadtweit einzig zuständigen Stelle im Gesundheitsamt Lichtenberg Wartezeiten von teilweise mehreren Monaten. Im Bezirk Spandau führt dies dazu, dass Kinder monatelang nicht in die Schule gehen können, weil die dortige Amtsärztin dies erst nach erfolgtem TBC-Test erlaubt.

Die Grünen fordern nun, auch andere Kliniken die Tests machen zu lassen, etwa die Helios-Klinik in Zehlendorf, wo es TBC-Spezialisten gebe. „Die Untersuchungen müssen zeitnah erfolgen, sonst ist die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet“, sagte Heiko Thomas, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, der taz.

Auch die Schule ist tabu

Doch die Gesundheitsverwaltung lehnt dies ab. Andere Kliniken hinzuzuziehen sei schwierig, dort gebe es keine passenden Räumlichkeiten, etwa wenn Familien mit vielen Kindern kämen, sagt Constance Frey, Sprecherin von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU). Das Argument kann Thomas nicht nachvollziehen. "Die Zehlendorfer sind hervorragend geeignet. Sie haben die Kapazitäten und kooperieren auch schon mit den Lichtenbergern", sagte er.

Laut Frey sind in der TBC-Zentrale in Lichtenberg 23 Mitarbeiter tätig. Die Zahl sei schon aufgestockt worden wegen des Andrangs, sagt sie. Die Stelle ist auch für Obdachlose zuständig, die ebenfalls untersucht werden, ehe sie einen Wohnheimplatz bekommen, und für alle anderen TBC-Kranken in der Stadt.

Tuberkulose (TBC) ist weltweit die bakterielle Infektionskrankheit mit den meisten Todesfällen. 2012 kostete sie laut WHO weltweit 1,3 Millionen Menschenleben, laut Robert-Koch-Institut gibt es jährlich rund 5.000 Neuinfektionen in Deutschland. Auch in Berlin steigt die Zahl der Erkrankten an, 2013 gab es rund 280 gemeldete Fälle von „offener“, also ansteckender TBC, in diesem Jahr bis Oktober mehr als 300, fünf davon verliefen tödlich. Allerdings sind in diesem Jahr laut Senatsverwaltung für Gesundheit nur zwei Fälle bei Asylbewerbern in Flüchtlingsheimen festgestellt worden.

Die Tests seien dennoch keine Panikmache, sondern notwendig, findet die Internistin Thea Jordan, Mitglied der Internationalen Ärzte zur Verhütung eines Atomkrieges (IPPNW), die sich auch um Flüchtlinge kümmern. „Wenn TBC in Gemeinschaftsunterkünften auftaucht, wäre das ziemlich prekär“, sagt sie. Kürzlich habe es einen Fall im Abschiebegewahrsam in Köpenick gegeben, sofort sei Panik unter den Insassen und Mitarbeitern ausgebrochen.

Angesichts des hohen Ansteckungsrisikos sei es auch nicht hinnehmbar, wenn Menschen erst nach Wochen oder gar Monaten getestet werden, sagt Jordan. „Der Test muss zeitnah sein“, findet die Ärztin. Schon zwei Wochen Wartezeit, während man in einem Heim wohnt, sei ein risikoreiches „Zeitfenster“, in dem eine nicht erkannte TBC ausbrechen und sich ausbreiten könne. Jordan fordert daher, andere Kliniken zur Testung hinzuziehen oder weitere Stellen beim öffentlichen Gesundheitsdienst einzurichten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.