Konflikt um Rigaer Straße in Berlin: Rechtsanwalt fühlt sich bedroht

Der Anwalt des Eigentümers kam nicht zum Prozess, da vor seinem Haus ein Auto brannte. Autonome bekennen sich zum Anschlag auf einen Polizeiwagen.

Ein ausgebranntes Autowrack und ein vom Brand beschädigtes Fahrzeug

Ein relativ häufiges Bild in Berlin Foto: dpa

Beim Prozess um die Teilräumung der Rigaer Straße 94 vor dem Berliner Landgericht blieb am Mittwoch der Stuhl für die Seite des Eigentümers leer. Rechtsanwalt André Tessmer hatte abgesagt. Die Verwunderung darüber hielt sich zunächst in Grenzen: Schließlich waren weder die auf den Britischen Jungferninseln gemeldete Besitzerfirma Lafone Investment Limited noch die Hausverwaltung jemals für die Bewohner oder deren Anwälte erreichbar.

Am Mittwochnachmittag äußerten sich dann sowohl Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) als auch Tessmer selbst. Sie berichteten von einer Bedrohungslage und einem Brandanschlag. Der Nachrichtenagentur AFP sagte Tessmer: „Gebrannt hat das vor meinem Haus geparkte Auto eines Nachbarn, aber ich gehe davon aus, dass das mir galt. Ich fühle mich persönlich bedroht.“

Die Polizei bestätigte, dass um 3.30 Uhr ein Renault im Berliner Stadtteil Mariendorf „durch Flammen komplett zerstört“ wurde. Ob der Anschlag auf Tessmer zielte, konnte sie auf taz-Anfrage nicht sagen. Unbeantwortet blieben auch die Fragen, ob Tessmer einen ähnliches Fahrzeug besitze und ob sein Auto in der Nähe abgestellt war. Sollte sich die Einschüchterung bestätigen, so Henkel am Donnerstag, „dann wären das unfassbare Mafia-Methoden.“

Die Bewohner der Rigaer94 hatten kein Interesse am Ausfall des Prozesses. Auf der Internetseite des Hauses hieß es am Dienstag: „Sollte der morgige Termin planmäßig stattfinden, gehen wir aufgrund der klaren Gesetzwidrigkeit der Räumungsaktion davon aus, dass wir die Räumlichkeiten zurückkriegen.“ Ohne Prozess, befürchtete die Hausgemeinschaft, würden neue Mieter in die Räume einziehen.

Berlins Innensenator Frank Henkel

„Das wären dann unfassbare Mafia­methoden“

Tessmer legte am Donnerstag sein Mandat für die Hauseigentümer nieder. Er ist in der linken Szene kein Unbekannter. Seine Privatadresse wurde schon 2015 auf der Internetseite Indymedia veröffentlicht. Der Anwalt vertritt auch den Eigentümer des Neuköllner Hausprojekts Friedelstraße 54, das gegen den Wunsch der Mieter modernisiert wird. Im April sollen sein Haus und sein Auto mit Farbbomben attackiert worden sein.

In Berlin hat die Polizei seit Jahresbeginn 100 direkt angezündete Autos gezählt, im Schnitt alle zwei Tage eins. In den ersten beiden Wochen nach der Teilräumung der Rigaer94 kam es zu 16 Brandstiftungen an Fahrzeugen, durchschnittlich eine pro Nacht. Eines davon soll laut einer Mitteilung „autonomer Gruppen“ einem Polizisten gehören, der sich im Friedrichshainer „Gefahrengebiet bewegt, als wäre er unangreifbar“.

Dass nicht alle Anschläge Autonomen zuzuschreiben sind, hat die Festnahme von Marcel G. auf frischer Tat vergangene Woche gezeigt. G. hatte sich bei einer Polizeivernehmung vor vier Jahren als Teil der linken Szene präsentiert und umfangreiche Aussagen zur Rigaer94 gemacht – ist inzwischen aber in rechten Kreisen unterwegs. Eines der Autos, an dem sich G. zu schaffen machte, soll einer Exbewohnerin des Projekts gehören, heißt es im Umfeld der Rigaer94.

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