Kommentar Neuerung des Pressekodex': Eine Information, die nicht weiterhilft

Das Wissen um die Herkunft Tatverdächtiger ist überflüssig. Sie nährt nur Vorverurteilungen, die besonders häufig People of Colour treffen.

Polizisten stehen vor einer Gruppe Männer

In Köln hielt die Polizei an Silvester viele Männer stundenlang wegen äußerlicher Merkmale fest Foto: dpa

Das Leben der Royals interessiert viele Menschen. Sie alle haben Gründe für ihr Interesse. Trotzdem veröffentlicht niemand unvorteilhafte Videos aus dem Kreißsaal, wenn Kate Kinder kriegt. Begründetes öffentliches Interesse besteht an allen möglichen Themen. Es rechtfertigt nicht immer, dass berichtet wird oder wie berichtet wird.

Dennoch erlaubt der Presserat ab sofort, bei Straftaten die Herkunft der Tatverdächtigen zu erwähnen, wenn Journalist*innen meinen, dass es ein „begründetes öffentliches Interesse“ gibt.

Wozu soll das gut sein? Die Information, wo mutmaßliche Täter*innen geboren wurden, hilft niemandem weiter. Wer sie häufig liest, sieht oder hört, verknüpft Herkunft und Kriminalität miteinander. Mediennutzer*innen sind es gewohnt, dass Informationen im Bericht vorkommen, weil sie beim Verständnis der Tat helfen.

Der (falsche) Eindruck, dass die meisten Straftaten von Menschen anderer Abstammung begangen werden, entsteht dadurch, dass Nationalitäten meist eben nicht erwähnt werden. Wenn bei verdächtigen Personen ihr „deutsches Aussehen“ nicht erwähnt wird, dann geraten Angehöriger bestimmter Gruppen, bei denen ihr Andersaussehen stets Thema ist, unter Generalverdacht. Die rechtspopulistische Forderung, sie alle abzuschieben, lauert gleich um die Ecke.

Hinzu kommt, dass die entscheidenden Wörter „tatverdächtig“, „mutmaßlich“ und „verurteilt“ schnell überlesen werden. Dabei werden zum Beispiel People of Color häufiger zu Unrecht verdächtigt. Schon jetzt sind sie im Polizeibericht überrepräsentiert.

Selbst bei gesicherten Täter*innen ist es fragwürdig, sich auf persönliche Merkmale zu konzentrieren: Immer mehr Berichte über Kriminalität geraten zu Porträts der Kriminellen. Dabei sollten eigentlich nicht sie im Vordergrund stehen, sondern das, was passiert ist – und die Menschen, die unter der Tat leiden.

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