Koalition und Kultur: Müller will Koch bleiben

Michael Müller (SPD) will nach dem 18. September Rot-Grün oder Rot-Grün-Rot. Grüne und Linke wollen ein Bündnis auf Augenhöhe. Aber kann die SPD das?

Einer redet, zwei hören zu: Ramona Pop, Michael Müller und Klaus Lederer Foto: dpa

Michael Müller will Koch bleiben. „Ich möchte ein möglichst starkes Ergebnis für die SPD“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister im taz-Interview. Müller erteilte damit indirekt den Forderungen von Grünen und Linken eine Absage, „auf Augenhöhe“ über ein kommendes Regierungsbündnis zu verhandeln. „Eine Koalition wird über den Regierungschef wahrgenommen“, betont Müller.

„Koch und Kellner“: Das war einer dieser Basta-Sprüche von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Vor der Bundestagswahl 1998 hatte Schröder im Hinblick auf eine mögliche Koalition mit den Grünen gesagt: „In einer rot-grünen Konstellation muss klar sein: Der Größere ist Koch, der Kleinere ist Kellner.“

Sozialdemokraten kellnern

Inzwischen wurden die Sozialdemokraten in manchen Ländern selbst zum Kellner. Aktuell in Thüringen, wo Bodo Ramelow von den Linken mit Grünen und SPD regiert. Und bis vor kurzem auch in Baden-Württemberg, wo die SPD der Juniorpartner des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretzschmann war.

Das zweiseitige taz-Interview mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) erscheint in der Samstagsausgabe

Am kommenden Mittwoch, den 31. August, diskutieren Antje Lang-Lendorff und Bert Schulz mit Müller über das Thema: Kann Berlin vier Millionen. taz-cafe, 19.30 Uhr. Eintritt frei

Für Berlin kann sich Michael Müller ein solches Szenario nicht vorstellen. Es wäre auch sein politisches Aus. Sollten Grüne oder CDU bei den Wahlen am 18. September an der SPD vorbeiziehen, gilt es als sicher, dass Müller nicht als Senator zur Verfügung steht. Selbst für den Fall, dass die SPD, wie in jüngsten Umfragen, bei 21 Prozent landet, spekulieren manche schon, dass Fraktionschef Raed Saleh Müller beerben könnte.

Dementsprechend kämpferisch gibt sich der Regierende Bürgermeister. „Wir sind die führende Kraft, und es ist mein Anspruch, das noch auszubauen.“ Soll heißen: Wenn der Abstand nur groß genug ist, könnte auch der Spruch vom Koch und Kellner wieder passen.

Genau das schmeckt Grünen und Linken, den potentiellen Koalitionspartnern der SPD, überhaupt nicht. So fordert Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer „mehr Selbstkritik und einen Verzicht auf Basta-Politik“. Lederer weiter: „Koch-und-Kellner-Denken passt nicht zu einer aktiven Bürgergesellschaft.“

Der Linken-Politiker wirbt deshalb für ein Bündnis „auf Augenhöhe“. Ähnlich äußerte sich die grüne Landeschefin Bettina Jarasch, die auch Mitglied des Viererteams an der Grünen-Spitze ist. „Die Herausforderung ist, etwas Neues, Gemeinsames anzufangen.“

Aber ist dazu die SPD in der Lage? Michael Müller selbst sagt, er habe mit dem Begriff Augenhöhe kein Problem. „Aber ich gebe doch nicht meinen Anspruch auf, zu gestalten und zu führen.“ Außerdem seien SPD, Grüne und Linke „konkurrierende Parteien.“

Rot-Grün-Rot kompliziert

Müller hatte sich zuletzt für eine Koalition mit den Grünen ausgesprochen, die laut Umfragen derzeit aber keine Mehrheit hätte. Rot-Grün-Rot dagegen käme auf eine deutliche Mehrheit.

In einer Dreierkonstellation, das räumt auch der Regierende Bürgermeister ein, wäre die Situation komplizierter. Man kann es auch anders sagen: Wenn der Koch seine beiden Kellner nicht fair behandelt, könnten die sich durchaus miteinander verbünden. Gerade in Berlin, wo SPD, Grüne und Linke nahezu gleichauf liegen, wäre die SPD damit in der Minderheit.

Für Michael Müller wäre das aber ein Vertrauensbruch. „Wenn wir bereits mit einer 2-zu-1-Situation starten würden, müsste sich nicht nur die SPD, sondern müssten sich auch Grüne und Linke fragen, wie das gut gehen soll“, so Müller im taz-Interview „Ich erwarte in einer Koalition ein Aufeinanderzugehen von allen Seiten, einen gemeinsamen Anspruch. Das ist keine Einbahnstraße.“

Allerdings zeigte sich Müller offen für die Idee der Grünen, einen Koalitionsausschuss oder eine Frühstücksrunde zu installieren. „Warum sollten sich die führenden Köpfe nicht auch jenseits von Krisen abstimmen?“

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