Gleichberechtigung in Niedersachsen: Frauenquote ins Niemandsland

Am 15. Oktober wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. In dieser Serie widmen wir uns Themen, die wir für wichtig halten. In diesem Teil: Gleichberechtigung

Gibt es nicht oft: Frauen in Führungspositionen. Dabei wird es in Niedersachsen erstmal bleiben. Foto: dpa

HANNOVER taz | Tagesordnungspunkt 16 ist eine Provokation. Grüne und SPD bringen am Mittwoch das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz (NGG) in den Landtag ein. Das liegt nach monatelangem Feinschliff fertig in der Schublade und wird wohl trotzdem in dieser Legislaturperiode nicht mehr zum Gesetz . Schuld daran ist Elke Twesten. Die Ex-Grüne hat mit ihrem Wechsel zur CDU nicht nur die Mehrheitsverhältnisse im Landtag verändert, sondern auch ihr eigenes Herzensprojekt beerdigt.

Die CDU hat bereits signalisiert, dass sie nicht für das NGG stimmen will. Daran ändert auch ihr Neumitglied nichts. Wahrscheinlich wird die Partei die Novelle nach der ersten Beratung in den Ausschuss verweisen – und damit ins Niemandsland. Denn das Septemberplenum ist die letzte Landtagssitzung vor der vorgezogenen Neuwahl. Was jetzt noch in den Ausschuss geht, kommt nicht mehr zurück.

Es liegt im Interesse der CDU, die Abstimmung zu verhindern. Denn sonst läge die Entscheidung über das NGG wegen der dünnen Einstimmenmehrheit bei Twesten: Entweder die 54-Jährige fiele dabei ihren neuen Parteifreunden in den Rücken oder sie bricht ihr Wort. Denn auf Nachfrage versicherte Twesten bei ihrem ersten Interview vor einem CDU-Pappaufsteller, dass sie nur ihrem Gewissen verpflichtet sei: „Sie alle kennen mich als Frauenpolitikerin. Ich habe großes Interesse daran, dass wir das NGG in Kürze verabschieden“, sagte sie an diesem Tag im August.

Mit dem novellierten Gesetz sollen Frauen in der niedersächsischen Verwaltung endlich richtig gleichberechtigt werden. Das heißt 50 Prozent von allem. Wenn es in einer Behörde, an einer Uni, einem Gericht oder sonst irgendwo in der Verwaltung in einem Bereich oder einer Gehaltsklasse weniger als 50 Prozent Frauen gibt, sollen diese bei der Besetzung neuer Stellen oder bei Beförderungen bevorzugt werden.

Warum das notwendig ist, zeigt ein Blick in die Statistik: Von den 230.270 Beschäftigten der niedersächsischen Landesverwaltung, wozu etwa die Ministerien gehören, waren laut dem niedersächsischen Landesamt für Statistik im Jahr 2015 rund 58 Prozent Frauen. Das ist nur auf den ersten Blick ein gutes Ergebnis, denn während mit 49 Prozent fast jede zweite Frau in Teilzeit arbeitete, machten das nur 13 Prozent der Männer.

Dieses Ungleichgewicht setzt sich auch in der Bezahlung fort. Umso mehr Geld verdient wird, umso höher also die Besoldungsgruppe ist, desto geringer wird der Anteil der Frauen. Insgesamt liegt er in den höheren Laufbahngruppen nie bei mehr als 35 Prozent.

Das geplante NGG sieht vor, das „Handeln der Verwaltung stärker durch Frauen zu prägen“. Damit das klappt, sollen bei Bewerbungen auch „in der familiären und sozialen Arbeit gewonnene Fähigkeiten“ wie etwa Team- oder Organisationsfähigkeit berücksichtigt werden – zumindest, wenn sie irgendwie für den zukünftigen Job wichtig sind. Zudem sollen Führungspositionen in Teilzeit angeboten werden. Das würde Frauen, die ja besonders häufig in Teilzeit arbeiten, weil sie sich gleichzeitig um ihre Familie kümmern, einen Weg an die Spitze erst ermöglichen.

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