EM-Testspiel Deutschland-Slowakei: Slowakei lässt Jogi im Regen stehen

Die DFB-Auswahl verliert ihr vorletztes Testspiel vor der EM in Frankreich mit 1:3 – und offenbart einige Schwächen. Neun Spieler fehlten allerdings noch im Kader.

Jerome Boateng liegt auf klatschnassen Rasen vor einem Fußballtor

Augsburg, 19 Uhr, heftiger Regen. Die Frisur sitzt Foto: reuters

AUGSBURG dpa | Auf Joachim Löw wartet nach einem missglückten Test im Gewitter noch viel Arbeit, um den Fußball-Weltmeister reif für den EM-Titel zu machen. Ohne etliche nicht einsatzfähige oder geschonte Stammkräfte unterlag die deutsche Nationalmannschaft am Sonntag im vorletzten Länderspiel vor dem Ernstfall in Frankreich mit 1:3 (1:2) gegen die Slowakei. Vor nur 22.110 Zuschauern in der bei weitem nicht ausverkauften Augsburger Arena stand das Benefiz-Länderspiel zur Pause nach einem Unwetter mit dicken Hagelkörnern vor dem Abbruch.

Als noch richtig Fußball gespielt werden konnte, hatte Mario Gomez mit seinem ersten Elfmeter im Nationaltrikot die DFB-Auswahl in der 13. Minute in Führung gebracht. Ein Doppelschlag des EM-Teilnehmers Slowakei durch Marek Hamsik (41.) und Michal Duris (44.) zerstörte den bis dahin schwungvollen Auftritt der deutschen Mannschaft. Nach dem Halbzeit-Donnerwetter war das Spielen auf dem durchnässten Rasen extrem schwierig. Das dritte Gegentor von Juray Kucka (52.) ging trotzdem auf das Konto des eingewechselten Torhüters Marc-André ter Stegen, der den Ball durch die Beine rutschen ließ.

Zwei Tage vor der Nominierung des endgültigen 23-Mann-Kaders zeigte sich, dass Löw für einen EM-Erfolg vor allem die etablierte Spieler brauchen wird. Nach dem Abpfiff ging es zurück ins Trainingslager nach Ascona in der Schweiz, vor dem EM-Auftakt gegen die Ukraine am 12. Juni wartet nur noch ein Härtetest gegen Ungarn am nächsten Samstag.

„Ich habe es noch nie erlebt, dass eine Halbzeit so lange dauert. Glücklicherweise ist nichts passiert“, sagte Löw mit Blick auf das heftige Unwetter und den anschließenden Platzverhältnissen. Mit der ersten Halbzeit war der Bundestrainer offensiv zufrieden. „Defensiv haben wir es nicht gut gemacht. Im Mittelfeld waren wir zu offen“, sagte Löw und Mario Götze ergänzte: „Für uns war es gut, in so einer Situation unter solchen Bedingungen zu spielen. Wir haben zwei blöde Gegentore bekommen.“

Gomez ist ein Gewinner

Im zehnten Aufeinandertreffen mit der Slowakei waren die Erkenntnisse aber – wie auch das Ergebnis – bescheiden. Von den vier Debütanten Bernd Leno, Joshua Kimmich, Julian Weigl und Julian Brandt konnte keiner entscheidende Pluspunkte sammeln. Dazu verhinderten die Platzverhältnisse nach dem Unwetter ein vernünftiges Fußballspiel. Als Gewinner durfte sich Gomez fühlen, der bei dem 45-Minuten-Einsatz sein gewachsenes Selbstvertrauen mit einem Tor krönte. Auch Mario Götze präsentierte sich nur 15 Tage nach seinem Rippenbruch spielfreudig, dazu setzte noch Julian Draxler Akzente.

Dabei hatte alles sehr vielversprechend begonnen: Von Müdigkeit war nach der ersten Trainingslager-Woche am Lago Maggiore zunächst nicht viel zu sehen. Die DFB-Auswahl begann schwungvoll, obgleich sie in der Form noch nie zusammengespielt hatte. Auf neun Leistungsträger hatte Löw aus diversen Gründen verzichtet.

Den Engpass auf der Sechser-Position – Bastian Schweinsteiger ist nicht fit und Toni Kroos weilte nach dem Champions-League-Triumph noch bei Real Madrid – löste Löw mit einer taktischen Variante. Als einziger defensiver Mittelfeldspieler agierte Khedira, der nach einmonatiger Verletzungspause seine Turnierfitness nachwies. Dahinter spielte eine Dreier-Abwehrkette mit Jerome Boateng, Antonio Rüdiger und Kimmich sowie den Außenspielern Jonas Hector und Sebastian Rudy.

Die Fans sahen im ersten Länderspiel in Augsburg nach 31 Jahren zunächst eine spielbestimmende deutsche Mannschaft. Schon nach drei Minuten besaß Boateng, der nach umstrittenen Äußerungen des AfD-Vizevorsitzenden Alexander Gauland im Vorfeld ungewollt im Mittelpunkt gestanden hatte, mit einem Scherenschlag die erste Torchance. Und weiter ging es mit einer Doppelchance von Gomez und Draxler, die vom guten slowakischen Torhüter Matus Kozacik und Bundesligaprofi Peter Pekarik noch entschärft wurde (7.).

Plötzlich drehen die Slowaken das Spiel

Dann war es aber doch passiert. Nach einem Foul an Götze verwandelte Gomez den fälligen Strafstoß. Für den Torschützenkönig aus der Türkei war es das 27. Länderspiel-Tor – und zugleich Ausdruck seines neuen Selbstbewusstseins. Auch spielerisch wusste der Stoßstürmer zu überzeugen. In dieser Phase des Spiels gab es nur einen Kritikpunkt: die Chancenverwertung. So vergaben Hector (27.), Leroy Sané (30.) und Draxler (32.) weitere gute Gelegenheiten.

Das sollte sich rächen: Eine Tiefschlafphase des Weltmeisters in den letzten fünf Minuten der ersten Halbzeit nutzten die Slowaken, um das Spiel zu drehen. Erst setzte Hamsik, der beim SSC Neapel spielende Star der Slowaken, einen 25-Meter-Schuss unhaltbar für Leno ins Tor (41.). Kurz darauf verhinderte Rudy zunächst auf der Torlinie den zweiten Gegentreffer, was aber Filip Duris bei der anschließenden Ecke per Kopf nachholte (44.). Dabei hatte Kimmich seinen Gegenspieler entwischen lassen. „Wir haben die Chancen leichtfertig vergeben und zweimal nicht aufgepasst. Das ist eine gute Lehre“, urteilte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff.

Weiter ging es mit einem Donnerwetter – vom Himmel. Dunkle Wolken zogen schon kurz vor dem Pausenpfiff auf. In der Halbzeit entlud sich der Himmel mit einem kräftigen Gewitter. Die Halbzeitpause wurde vom belgischen Schiedsrichter Serge Gumienny um weitere 25 Minuten verlängert. Sogar ein Abbruch des Spiels wurde diskutiert.

Gespielt wurde trotzdem, wenn auch nur beschwerlich. Das war aber keine Entschuldigung für den Patzer von ter Stegen beim Schuss von Kucka. Es war die Fortsetzung einer unglücklichen DFB-Karriere, die der frühere Gladbacher mit fünf Gegentreffern im ersten Länderspiel 2012 begann und mit dem fast schon denkwürdigen Patzer bei der USA-Reise ihren negativen Höhepunkt fand. Danach zeigte sich die DFB-Elf bemüht, es fehlte aber an Durchschlagskraft.

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