Brasiliens Ex-Nationaltrainer Lima: Endlich untragbar

Brasiliens einstiger Nationaltrainer Kleiton Lima wird nach Klagen wegen sexueller Belästigung beim FC Santos freigestellt, eingestellt und freigestellt.

Kleiton Lima legt den Arm um eine Spielerin und zieht sie an sich

Kleiton Lima (links) nimmt sich zu seiner Zeit als Nationaltrainer eine Spielerin zur Brust Foto: LatinContent via Getty Images

Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist in der brasilianischen Sportpresse in den vergangenen Monaten durchaus ein großes Thema gewesen. Die einstigen Fußballnationalspieler Robinho und Dani Alves sind nicht wegen ihrer einstigen Heldentaten auf dem Rasen, sondern wegen ihrer Vergewaltigungen und mehrjährigen Haftstrafen im Gespräch gewesen.

Den Frauen-Erstligisten FC Santos hat es dennoch nicht davon abgehalten, vor zwei Wochen den Trainer wieder einzustellen, der vergangenen September im gegenseitigen Einvernehmen freigestellt wurde, weil 19 Spielerinnen sich über Mobbing, Demütigungen und sexuelle Belästigung beklagt hatten. Vorgeworfen wurde dies Kleiton Lima, der zwischen 2008 und 2011 das brasilianische Nationalteam der Frauen betreute.

Seine Wiederberufung sorgte nun von Seiten der Spielerinnen in der Liga für so große Proteste, dass der Verein am Montag eine Kehrtwende verkündete. Handelnder Akteur war aber nach eigener Darstellung nicht der Heimatverein von Brasiliens Fußballikone Pelé, sondern Trainer Lima selbst. Es hieß, er habe „eine persönliche Entscheidung“ getroffen, um „seine Familie, seine Integrität und den Verein zu schützen“. Morddrohungen gegen ihn soll es gegeben haben.

Vergangenen Freitag, so berichtet es das Nachrichtenportal Brasil de Fato kam es bei zwei Partien zu Protesten gegen die Vorgänge beim FC Santos. Vor Beginn des Spiels zwischen Santos und Corinthians bekundeten die gegnerischen Spielerinnen ihren Missmut, indem sie sich bei der Nationalhymne die Hände vor den Mund und die Ohren hielten. Die Spielerinnen von Santos beteiligten sich nicht an der Aktion. Bei der Partie zwischen Avaí FC und Palmeiras zeigten beide Teams die Hand-Mund-Ohren-Geste.

„Zum Schweigen gebracht“

Nach den Klagen gegen Kleiton Lima in der vergangenen Saison stellte der FC Santos den Kader für diese Saison neu zusammen. 14 Spielerinnen verließen den Verein. Diese berichten davon, sie seien vom Verein unter Druck gesetzt worden, sich öffentlich zu den beklagten Vorfällen nicht zu äußern.

Als Lima eingestellt worden ist, erklärte Alexandre Gallo, der Fußballkoordinator des FC Santos, die beklagten Zustände vom September seien von der Zivilpolizei untersucht worden. Und es habe vor der Vertragsunterzeichnung des neuen und alten Trainers eine Überprüfung der Compliance-Abteilung des Vereins gegeben.

Die Spielerinnen beklagen, wie das brasilianische Sportportal Trivela berichtet, sie seien weder vom Verein angehört worden, noch hätten sie irgendwelche Unterstützung erhalten. Einigen sei unverhohlen mit Entlassung gedroht worden. Eine der Spielerinnen erklärte: „Sie haben uns zum Schweigen gebracht, und jetzt respektieren sie uns mit seiner Rückkehr nicht.“

Vergangenen September wurde in der brasilianischen Presse auch aus den Briefen der Spielerinnen zitiert, die sie damals dem Vereinsvorstand vom FC Santos übergaben. Eine Spielerin schrieb: „Ich habe auch seine respektlosen Bemerkungen über unsere Körper und seine unangemessenen Berührungen satt.“ Eine andere berichtete: „Oft trägt der Coach am Arbeitsplatz keine angemessene Kleidung, zeigt seine Genitalien und verursacht dadurch Unbehagen.“ Es ist auch von „verbalen Aggressionen“ und „Demütigungen in der Öffentlichkeit“ die Rede. Eine Spielerin erzählt: „Ich dachte auch über Selbstmord nach und fiel in eine tiefe Depression.“

Kleiton Lima, der die Frauen des FC Santos schon von 1997 bis 2010 trainierte und wegen seiner großen Erfolge – zweimal gewann er mit dem Team den wichtigsten südamerikanischen Vereinspokal, die Copa Libertadores – Heldenstatus genießt, streitet alle Vorwürfe ab. Er spricht von „irrsinnigen“ und „unseriösen“ Berichten. Er habe stets nach den Grundsätzen und Werten gelebt, die ihm seine Eltern vermittelt hätten. Im Januar verklagte er eine Spielerin wegen Verleumdung und übler Nachrede.

Thais Picarte, die Managerin der Frauenabteilung des FC Santos, sagte vor 14 Tagen: „Es wurde nichts bewiesen. Im Gegenteil, es waren äußerst schwache, fadenscheinige Argumente, die die Geschichte von Santos unnötig befleckt haben.“ Der Schaden ist zweifellos groß. Nur die Spielerinnen tragen dafür sicherlich keine Verantwortung.

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