Kritik an Bafög-Reform: Viele sehen Nachholbedarf

Der Bundestag debattiert über die Bafög-Reform. Der Entwurf sieht keine Erhöhungen des Bafög-Satzes oder des Wohnkostenzuschusses vor.

Studierende in einem großen Hörsaal am Tag der Erstsemesterbegrüßung zum Wintersemester 2023/24 an der Uni Köln. Symbolbild

Auch das Leben für Studierende wird immer teurer Foto: Christoph Hardt/imago

BERLIN taz | Der Bundestag hat am Donnerstag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bafög debattiert – und Kritik daran gab es selbst aus der eigenen Koalition: „Wenn wir die Bedarfssätze und Wohnkostenpauschale nicht anheben, wird es bis 2025 keine Erhöhung geben. Das ist nicht hinnehmbar“, sagte Lina Seitzl von der SPD. Laura Kraft (Grüne), die den Entwurf ebenfalls kritisiert hatte, war in der Debatte hingegen etwas versöhnlicher. Sie forderte, dass „wir in dieser Koalition schauen, wie wir das Bafög noch so weit verbessern, dass es zu der aktuellen Lebensrealität der Studierenden passt“.

Auch die Opposition kritisierte die Bafög-Reform bei der ersten Beratung des Gesetzes aus dem Bildungsministerium von Bettina Stark-Watzinger (FDP). Nadine Schön (CDU) bemängelte etwa, dass sich bereits die erste Reform 2022 auf eine Erhöhung der Bedarfssätze beschränkt hat, „diese wurden aber von der enormen Inflation wieder aufgefressen“.

Trotz steigender Lebenshaltungskosten sieht die Strukturreform keine Erhöhung des generellen Bafög-Satzes und des Wohnkostenzuschusses vor. Außerdem ist keine dynamische Anpassung an die Einkommensentwicklung im Entwurf enthalten, wie beispielsweise bei Bürgergeld, Renten und Abgeordnetendiäten. Auch der Bundesrat fordert, das Bafög zumindest auf gleiche Höhe wie das Bürgergeld anzuheben. Aktuell liegt der Grundbetrag des Bafög bei 452 Euro, das sind 111 Euro weniger als beim Bürgergeld.

Geplante Änderungen

Im Gesetzentwurf des Ministeriums für Bildung und Forschung sind mehrere Änderungen geplant, die vor allem auf arme Studienanfänger abzielen. Unter anderem durch eine Starthilfe sollen Studierende aus Familien, die Sozialleistungen beziehen, einmalig 1.000 Euro erhalten.

Außerdem sind Fachwechsel bis zum fünften statt wie bisher nur bis zum dritten Semester möglich. Zudem wird ein sogenanntes Flexibilitätssemester eingeführt, mit dem Studierende auch ein Semester länger als die bisherige Maximaldauer gefördert werden können.

Im Koalitionsvertrag der Ampel steht, dass Freibeträge deutlich erhöht und die Bedarfssätze angehoben werden sollen, vor allem wegen der sehr stark gestiegenen Wohnkosten. Hinter diesen Vorsätzen bleibt die Bafög-Strukturreform zurück. Die Freibeträge sollen zwar um 5 Prozent erhöht werden, die Bedarfssätze allerdings nicht.

Kritik an der Reform

Entsprechend fordert ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, kirchlichen Organisationen und Studierendenvertretungen deutliche Änderungen an dem Gesetzentwurf. „Die Mehrheit der in WGs lebenden Studierenden ist von Armut bedroht oder akut betroffen, hier muss die Ampelkoalition ansetzen. Studieren muss unabhängig der finanziellen Mittel möglich sein“, forderte Rahel Schüssler, Referentin für Bafög und studentisches Wohnen des Studierendenverband fzs.

Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sagte: „Diese Misere ist nicht nur sozialpolitisch skandalös, sondern verschärft auch den Fachkräftemangel, weil die Studienanfängerzahlen zurückgehen und die Studienabbrüche zunehmen.“ So würden die Vorschläge im Gesetzentwurf nur einen Teil der finanziellen Mittel nutzen, die im Haushalt für einen Ausbau des Bafög vorgesehen wurden. Von ursprünglich 150 Millionen Euro würde die aktuell geplante Strukturreform nur 62 Millionen Euro verwenden.

Nach der ersten Debatte wird der Gesetzentwurf an die Ausschüsse verwiesen und überarbeitet. Möglich also, dass hier nicht nur die Opposition noch auf Änderungen drängt.

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