Sparpolitik der Regierung: Die Ampel am Abgrund

Die FDP hält die Koalitionspartner an der Leine. Scholz gibt Lindners Sparprogramm nach, verspricht aber gleichzeitig eine Erhöhung des Mindestlohns.

Lindner im Schattenriss

Mit so einem Finanzminister ist konstruktives Regieren kaum machbar: Christian Lindner im Schatten Foto: Liesa Johannssen/reuters

Die Ampel sollte mal ein historisches Bündnis werden. Eine Fortschrittskoalition, die den Mehltau der Merkel-Ära hinter sich lässt. Dieser Plan ist gescheitert. Die Ampel existiert nur noch, weil alles andere schlimmer wäre. Auch wenn sie in ein paar Wochen mit viel Schmerzen einen Sparhaushalt verabschiedet, hat sie keine Zukunft. Egal, wer die Wahl 2025 gewinnt – die FDP wird der nächsten Bundesregierung nicht angehören. Ihre einzige Idee ist es, bis zum letzten Blutstropfen die Schuldenbremse zu verteidigen.

Doch das ist das falsche Thema. Die FDP verabschiedet einen Forderungskatalog nach dem nächsten, will die Rente mit 63 beerdigen und Steuern für Reiche senken. Sie verhält sich wie eine Oppositionspartei, die unduldsam Forderungen an die Regierung adressiert. Die Liberalen wirken dabei so unglücklich, dass sie glaubhaft den Eindruck vermitteln, bei der ersten Gelegenheit den ganzen Laden in die Luft zu jagen. Damit haben sie die Erpressungsdominanz in der Regierung.

Auch deshalb hat sich Olaf Scholz beim Sparhaushalt demonstrativ hinter FDP-Finanzminister Christian Lindner gestellt. Sachlich gibt es durchaus Möglichkeiten, pragmatisch und ohne große Reform der Schuldenbremse, den Spardruck zu mildern. Berlin hat in den letzten zwei Jahren 32 Milliarden Euro für die Ukraine ausgegeben. Die könnte man locker aus dem Etat rausrechnen. Aber eben nicht mit der FDP. Die SPD probiert einen Doppelschritt. Man zieht mit Rücksicht auf die FDP widerwillig das Sparprogramm durch.

Und sendet die nächste Botschaft. Scholz will den Mindestlohn auf 14 und dann später 15 Euro erhöhen. Das ist eine richtige, nötige Idee. Überflüssig zu sagen, dass dies mit der FDP nicht umzusetzen sein wird. Die Liberalen sind unfähig zu begreifen, dass Sparfetischismus angesichts von Ukrai­nekrieg, Klimatransformation und kaputten Schulen aus der Zeit gefallen ist. Ihre Forderungen sind nicht nur von jener für Neoliberale typischen sozialen Kälte. Sie sind extrem gefährlich.

Sozialleistungen zu kürzen, um Waffen für die Ukraine und Bürgergeld für Geflüchtete von dort zu finanzieren – das wäre ein großformatiges Wählerbeschaffungsprogramm für die AfD. Dabei ist Sparen überflüssig. Der Schuldenstand von Deutschland ist verglichen mit anderen OECD-Ländern niedrig. Es ist besser, nicht zu regieren, als mit dieser FDP zu regieren.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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