Schweden sollen Grillen grillen

AUTARKIE Stockholm könnte sich selbst mit Eiweiß aus Insekten versorgen, schlagen Architekten vor. In vier Jahren soll es so weit sein

Insektenproduktion in der Stadt   Foto: Abb.: Belatchew Arkitekter AB

Stockholm wächst schneller als jede andere Stadt in der EU, seit 1980 um fast ein Drittel. 2018 sollen 940.000 Menschen in der Stadt wohnen, im Ballungsraum sind es mehr als doppelt so viele.

Die Ackerfläche, die gebraucht wird, um all diese Menschen mit Fleisch zu versorgen, ist selbst für schwedische Verhältnisse gewaltig. Deshalb machte sich die Architektin Rahel Belatchew Lerdell, die in ihrem Büro eine eigene Abteilung für Utopien unterhält, auf die Suche nach einer anderen Lösung: Insekten könnten den Bedarf an tierischem Eiweiß decken, und zwar mit Ressourcen aus der Stadt, so die Grundidee des Projekts „Insect City“.

Dafür will Belatchew Insektenfarmen mitten in der Stadt bauen, ohne neue Flächen zu verbrauchen: Sie sollen in Kreisverkehren entstehen. Die kringelförmigen „Buzz Buildings“ aus einer leichten, der Struktur von Insekten nachempfundenen Stahlkonstruktion sollen in den oberen Stockwerken Zuchtstationen für Grillen beherbergen. Unter einer stark wärmeisolierenden, lichtdurchlässigen Gelhülle könnten sie besonders schnell wachsen. Im Erdgeschoss werden sie verpackt und verkauft – und zubereitet, im Insektenrestaurant.

Durch die transparenten Wände kann der Kunde zusehen. Und das ist eines der Ziele: Belatchew will die Produktion sichtbar machen, anders als die heutzutage weitgehend vor der Öffentlichkeit versteckte Fleischproduktion.

Im Innern des Kringels soll eine windgeschützte Freifläche mit einem Mikroklima entstehen, in der Pflanzen gedeihen, die sonst im rauen skandinavischen Klima keine Chance hätten. Dieser kleine urbane Dschungel würde auch viele verschiedene Insekten anziehen. In dem Gebäude sind zusätzlich kleine Nisthöhlen für unterschiedliche Bienenarten geplant. So soll die Biodiversität der Stadt ausgeweitet werden.

Die Zuchtinsekten sollen mit Speiseabfällen aus der Stadt selbst gefüttert werden. Damit könnte die Stadt sich mit tierischem Eiweiß komplett selbst versorgen, sind die Planer bei Belatchew Arkitekter sicher.

Genehmigt ist das Projekt noch nicht, Belatchew hofft, es binnen vier Jahren realisieren zu können. Sie ist optimistisch dass sie die Akzeptanz der in kulinarischen Fragen eher konservativen Schweden findet: „Zwei Milliarden Menschen essen ja schon Insekten.“ JANK