MIT DEM SCHÄUFELCHEN AUF SÜSSWARENJAGD
: Die Lösgodis-Offensive

von Reinhard Wolff

Nebensachen aus Stockholm

Lösgodis. Jeder Schwedenurlauber kennt sie. Selbst im kleinsten Laden sind ein paar Regalmeter dafür reserviert. Große Supermärkte haben gleich Hunderte von Sorten im Angebot. Und Spezialläden werben mit 800 oder 1.000 verschiedenen Sorten. Lös-godis, lose Süßigkeiten: Man schaufelt sich aus langen Reihen von Plastikbehältern mit Fruchtgummis, Lakritze, Schaumbananen und Schokoladenpralinen nach eigenem Geschmack seinen Tütcheninhalt zusammen und bezahlt dann nach Gewicht an der Kasse. Umgerechnet 70 bis 90 Cent pro hundert Gramm ist das derzeit gängige Preisniveau, und vor großen Godis-Wochenenden wie Ostern oder Weihnachten gibt es Rabattpreise.

SchwedInnen sind Naschkatzen und angeblich in dieser Disziplin sogar weltweite Spitzenreiter. Jede und jeder der 9 Millionen Einwohner verdrückt statistisch 18 Kilo Süßigkeiten pro Jahr. Der typische Käufer ist eine Käuferin und zwischen 30 und 50 Jahre alt. Auch den Ministerpräsidenten kann man schon mal mit dem Schäufelchen vor der Lösgodis-Regalwand sichten.

In den skandinavischen und baltischen Nachbarländern mittlerweile ebenfalls etabliert, ist Resteuropa noch weithin ein weißer Fleck auf der Lösgodis-Landkarte. Das lässt der schwedischen Exportorganisation „Exportrådet“ natürlich keine Ruhe. Deutschland soll neben Russland ein erster Testmarkt werden. Ende Januar bei der Süßwarenmesse in Köln präsentierten nicht nur Süßwarenproduzenten, sondern auch Hersteller von Regalen und Lösgodis-Behältern ihre Produkte und berichteten von einem positiven Echo.

Die Idee zur Selbstbedienung beim Kauf loser Süßigkeiten sollen Anfang der 1980er Jahre drei finnische BWL-Studenten in Stockholm gehabt haben. 1985 ließ die staatliche Lebensmittelbehörde diese Art des Verkaufs zu. Schnell breiteten sich zunächst spezielle Lösgodisläden aus, später integrierten dann die Supermärkte das Angebot loser Süßwaren in ihr Repertoire. Die Größe der Tütenwuchs im Laufe der Jahre auf Megamaße an und deren durchschnittlicher Inhalt wuchs mit: rund 400 Gramm sind es jetzt.