Kolumne Right Trash: Deniz, der Deutschlandfeind

Der Fall Deniz Yücel schlägt auch in den rechten Medien hohe Wellen. Lebenslange Haft ist dort noch eine der harmloseren Forderungen.

Ein Mensch hält ein Schild, auf dem „#Free Deniz“ steht

Während viele Freiheit für Deniz fordern, wünschen ihm die Rechten nur Schlechtes Foto: ap

„Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite“. So benannte der ehemalige taz-Redakteur Deniz Yücel 2011 den schweißnassen Alptraum jedes Rechtspopulisten in Deutschland: Sinkende Geburtenrate! Zuwanderung! Umvolkung! Grund genug für rechte Medien, sich mit Gebrüll auf den deutsch-türkischen Journalisten zu stürzen, der seit Dienstag in der Türkei in Untersuchungshaft sitzt.

Auf der rechten Internetplattform Politically Incorrect etwa werfen die Nutzer mit Yücel-Beschimpfungen nur so um sich: „Solche Lumpen brauchen wir hier nicht – weder als Journalisten noch als Bürger!“, heißt es dort, Yücel könne ruhig lebenslang sitzen.

In ein ähnliches Horn bläst Markus Frohnmaier, Bundesvorsitzender der Jungen Alternative: Yücel solle auch in Deutschland schon längst im Gefängnis sitzen, schreibt er auf der Twitter. „Man sollte hierzulande dringend über den Straftatbestand der Deutschlandfeindlichkeit nachdenken“, präzisiert er seine Forderung gegenüber der taz.

Auch PEGIDA-Chef Lutz Bachmann meldet sich zu Wort – Gefängnis ist dem selbst ordentlich vorbestraften Haudegen aber nicht genug. Bei Facebook schreibt er: „Um es drastisch auszudrücken, „Gibt’s in der Türkei die Todesstrafe? Wenn ja, wäre die Hinrichtung von Schmierfink Deniz mal wieder ein guter Grund hinzufahren!“ Auf Twitter versucht er, die Hashtags #FCKDNZ, #FCKYCL und #NOMERCY4YÜCEL unter das von ihm so geliebte Volk zu bringen.

Den Tod wünschen

Damit fährt er gegen Yücel ein Geschütz auf, das viele Rechtspopulisten dem Journalist selbst vorwerfen: Einem anderen den Tod zu wünschen. Thilo Sarrazin wünschte Yücel, „der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten“. Sarrazin hat nie einen Schlaganfall erlitten, Yücel aber verklagt und 20.000 Euro erstritten.

Wie lebt es sich in der rechten Filterblase, wenn Medien pauschal als "Lügenpresse" diffamiert werden und nur noch die Fakten zählen, die ins eigene Weltbild passen? Das fragt sich ein Team von taz-AutorInnen. Wir lesen mit, schreiben zurück oder beobachten einfach nur. Right Trash – seit Februar regelmäßig auf taz.de.

Gegenüber der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit sagte Sarrazin jetzt: „Als Person ist Deniz Yücel für mich nicht satisfaktionsfähig. Das gibt der Türkei aber noch nicht das Recht, ihn zu inhaftieren.“ Satisfaktion heißt laut Duden auch die „Zurücknahme einer Beleidigung durch die Bereitschaft zum Duell“. Ob Sarrazin tatsächlich zu einem Duell bereit wäre, ist indes nicht bekannt.

Zumindest auf journalistischen Pfaden wandelnd, beteiligt sich auch der Verschwörungstheoretiker Martin Lejeune an der „Diskussion“. Auf der Kundgebung für die Freilassung von Yücel vor der türkischen Botschaft am Dienstag in Berlin stand der rechte Publizist vor seiner Handykamera und kommentierte das Geschehen live auf Facebook.

Für ihn ist Yücel ein mutmaßlicher Terrorpropagandist. „Ich bin für ein transparentes, faires, rechtsstaatliches Verfahren für Deniz Yücel“, sagte er der taz. Dies sei erst seit der beginnenden „Säuberung“ in der Türkei möglich. Den Begriff Säuberung konnotiert Lejeune dabei positiv. Der in allen großen deutschen Tageszeitungen veröffentlichte Aufruf zur Freilassung Yücels und die lange Liste an Unterstützern bezeichnet Lejeune in seinem Blog als „Liste der Schande“.

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