Ramelow-Kritik an Ex-Geheimdienstchef: „Mitschuld am NSU“

Der Thüringer Ex-Geheimdienstchef Helmut Roewer gibt bizarre Aussagen von sich. Ministerpräsident Ramleow verurteilt dessen „Umsturz“-Visionen.

Mann mit Brille mit halb gehobenem Arm, es ist der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke)

Roewer wolle „von seiner schlimmen Verantwortung ablenken“, sagt Ministerpräsident Ramelow. Foto: dpa

BERLIN taz | Der frühere Thüringer Verfassungsschutzchef Helmut Roewer wird zum Politikum – mal wieder. Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wirft ihm „clowneske Auftritte“ vor, mit denen der Ex-Geheimdienstler „von seiner schlimmen Verantwortung ablenken will“, so Ramelow mit Blick auf die NSU-Affäre. „Herr Roewer beweist erneut, welch eine Fehlbesetzung er war.“

In einem gut einstündigen Videointerview mit dem verschwörungstheoretischen YouTube-Kanal „Querdenken TV“ hatte Roewer über einen bevorstehenden „Umsturz“ in Deutschland schwadroniert. Mit Bezug auf die derzeitige Flüchtlingspolitik sagte er: „Es wird eine Bruchlinie geben“ – und zwar dann, wenn die Regierung „den Befehl erteilt, gegen das eigene Volk vorzugehen“. Dann werde „nicht mehr von Wahlen die Rede sein, dann gibt es einen Umsturz“. Am „Vorgehen gegen das eigene Volk“ sei aber schon die DDR gescheitert.

Roewer äußerte sich auch zu den Protesten gegen Pegida in Dresden: Diese seien von der „öffentlichen Hand“ gefördert. Die Behörden schafften „landesbekannte Gewalttäter“ hin, „staatlich bezahlte, anreisende Kriminelle“. Den Medien warf er vor, zu „fälschen, dass sich die Balken biegen“. Er werfe sich vor, „dass man die Möglichkeiten, die einem das Leben geboten hat, nicht genutzt hat, um diese Leute zu bekämpfen“.

Roewer leitete von 1994 bis Mitte 2000 den Verfassungsschutz in Thüringen. In seiner Amtszeit tauchten die späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe unter. Das Trio hatte sich unter den Augen seines Amtes innerhalb des rechtsextremen „Thüringer Heimatschutzes“ radikalisiert und wurde trotz diverser V-Leute im Umfeld, darunter „Heimatschutz“-Anführer Tino Brandt, nicht aufgespürt. Roewer fiel derweil mit Eskapaden auf: In Kaffeerunden plauderte er über Informanten oder fuhr mit einem „Observationsfahrrad“ durch die Gänge.

Bodo Ramelow, Linke

„Roewer war betrunken, als er ins Amt kam, und ist es offensichtlich geblieben“

Stegner: „Wirrkopf in Aktion“

Ramelow attestierte Roewer „mindestens eine Mitschuld an der braunen Terrororganisation namens NSU“. Mit der Bezahlung der V-Leute habe die regionale Neonaziszene „erst richtig Fahrt aufnehmen können“. Mit seinem heutigen „Irrsinn“ wolle Roewer davon ablenken, so Ramelow. „Er war nach eigenen Angaben betrunken, als er ins Amt kam, und ist es offensichtlich geblieben.“ Auch der SPD-Bundesvize Ralf Stegner nannte Roewer einen „Wirrkopf in Aktion“. Der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu fragt: „Wie viele solcher Typen sind wohl noch im Amt?“

Für Roewer ist es nicht der erste Ausfall. Nach dem Auffliegen des NSU veröffentlichte er ein Buch über seine Dienstzeit, in dem er sich attestiert, alles richtig gemacht zu haben. Wiederholt schrieb er für Rechtsaußenblätter wie das Compact-Magazin, und klagte indirekt über „Flüchtlingshorden“ und „Medienlügerei“.

Seit Dezember leitet Stephan Kramer, früher Generalsekretär des Zentralrats der Juden, den Thüringer Verfassungsschutz.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.