Bundeswehreinsatz gegen den IS: Deutschland fliegt in den Krieg

Aufklärungstornados, Tankflugzeuge und eine Fregatte sollen gegen den IS nach Syrien geschickt werden. Linke sind empört, Grüne zurückhaltend.

Merkel und Hollande gehen am Mittwochabend durch den Hof des Elysee Palasts in Paris

Im Gleichschritt: Merkel und Hollande am Mittwochabend in Paris. Foto: reuters

BERLIN taz | Die Bundeswehr wird sich am Krieg gegen den IS in Syrien beteiligen. Deutschland werde zur Unterstützung Frankreichs unter anderem Tornado-Aufklärungsflugzeuge der Bundeswehr zur Verfügung stellen, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Donnerstagabend. Zudem werden unter anderem Tankflugzeuge und eine Fregatte bereitgestellt, die dem französischen Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ Geleitschutz geben soll. Von dem aus starten seit Montag Kampfflugzeuge zu Angriffen in Syrien.

Die Regierung habe „schwere, aber richtige und notwendige Schritte beschlossen“, sagte die Ministerin nach Sondersitzungen der Regierungsfraktionen, bei denen die Abgeordneten über die Pläne informiert wurden. Mit dem Einsatz rückt die Regierung von ihrer bisherigen Strategie gegen den IS ab. Zwar ist Deutschland schon seit 2014 Teil der westlich dominierten Koalition gegen die Terrormiliz. Im Irak bildet die Bundeswehr kurdische Truppen für den Kampf gegen die Islamisten aus, weshalb der IS die Bundesrepublik als Feind betrachtet und als „Kreuzfahrerstaat“ bezeichnet.

In Syrien ist die Bundeswehr aber noch nicht aktiv. Außerdem beteiligt sie sich weder direkt noch indirekt an Luftangriffen. Wenn die Luftwaffe in Zukunft Aufklärungsflüge durchführt und französische oder amerikanische Kampfjets betankt, ist Deutschland also deutlich tiefer in den Krieg verwickelt als bisher.

Die Entscheidung hatte sich nach den Terroranschlägen von Paris Schritt für Schritt angebahnt. Frankreich arbeitet derzeit an einer weltweiten Allianz gegen den IS, buhlt dafür um die Unterstützung Russlands und erbat in der vergangenen Woche offiziell den militärischen Beistand der EU-Partner. Zuerst brachten daraufhin einzelne Unions-Abgeordnete den Einsatz deutscher Aufklärungsflugzeuge ins Spiel.

Stefan Liebich

„Wenn man Bomben über einem vom IS besetzten Gebiet abwirft, trifft man immer auch Zivilisten.“

Die Bundesregierung bremste zunächst noch. Aber sie bekundete ihre Solidarität mit Frankreich und kündigte an, die deutschen Einsätze in Mali und im Irak auszuweiten. Schon am Mittwochabend sagte Kanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande, über weitere Bitten der Franzosen „sehr schnell nachzudenken“.

Die Tornados, die die Regierung nun in Richtung Syrien schicken will, sollen selbst keine Ziele bombardieren. Den Regierungsparteien ist klar, dass ein solcher Einsatz in Deutschland schwer vermittelbar wäre. Aber die Aufklärungstornados, die selbst bei schlechtem Wetter sehr tief fliegen können, können auch nachts mit Kameras und Infrarotsensoren hochauflösende Bilder vom Boden anfertigen. Partnerstaaten können darauf wiederum nach Zielen für ihre Luftangriffe suchen.

Frankreich bombardierte in den vergangenen beiden Wochen nach eigenen Angaben unter anderem Kommandostände und Waffenlager des IS, die USA nahmen zuletzt dessen Ölfelder ins Visier. In Städten, die die Terrormiliz eingenommen hat, halten sich allerdings noch immer etliche Zivilisten auf. Seit Beginn der Luftangriffe auf den IS gab es daher wiederholt Meldungen über zivile Opfer.

Die Linkspartei kritisierte am Donnerstag flügelübergreifend die Pläne, die Luftangriffe zu unterstützen. Der Außenpolitiker Stefan Liebich sagte der taz: „Nur aus Freundschaft zu Frankreich eine falsche Strategie zu unterstützen, das kann nicht richtig sein. Wenn man Bomben über einem vom IS besetzten Gebiet abwirft, trifft man immer auch Zivilisten.“ Die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht sagte, wer Bundeswehr-Tornados nach Syrien schicke, züchte noch mehr Terroristen und erhöhe die Anschlagsgefahr in Deutschland.

Die Grünen hielten sich vor einer Sondersitzung ihrer Fraktion am Abend zurück und bewerteten die Pläne öffentlich nicht. Bevor das Vorhaben der Regierung öffentlich geworden war, hatte der Verteidigungsexperte Tobias Lindner seine prinzipielle Zustimmung zu einem möglichen Aufklärungseinsatz signalisiert. „Voraussetzung wäre aber auf jeden Fall, dass man eine internationale Koalition und vor allem ein UN-Mandat hätte“, sagte er im ZDF.

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